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Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Rolling Stone, Ausgabe März 2002)

Erst kurz vor der letzten Zugabe, einer rostigen, quietschenden Version von Lennons Gaga-Geständnis "I Am The Walrus", fand Noel Gallagher für Momente zur alten, patentierten Arroganz. "You may sing", baffte er un zerrte das Intro zu "Don´t look back in Anger" aus dem Gitarrenhals. Und wie wir sangen. Gelöst und so laut, dass Noel uns den Refrain generös ganz überließ. Allzu viele Gelegenheiten für Publikums-Partizipation hatten die 90 Minuten nicht hergegeben. "Morning Glory", "Champagne Supernova", "Gas Panic!". Der Rest des Sets bestand aus Boogie-Rifferama und supersonischem Gedöns. Go let it out!

Doch war dies kein gewöhnlicher Oasis-Gig. Rund 600 geladene Gäste verteilten sich im Saal. Medienmenschen, glückliche Gewinner von Radio-Verlosungen und Fanclubmitglieder. Anlass war eine TV-Aufzeichnung mit geplanter Ausstrahlung Ende April. Unmittelbar mithin vor Veröffentlichung der neuen LP "Heathen Chemistry". Also kreiste eine Kamera über den Köpfen, die Halle war heller ausgeleuchtet als üblich, die Gallaghers behielten ihre blauen Jeans-Jacken bis zum Hals zugeknöpft (Liam entledigte sich nicht einmal seines Wollschals), und wir kamen in den Genuss von vier neuen Songs. Das von Noel gesungene "Force Of Nature", ein recht ereignisloser Midtempo-Rocker. Das nicht viel einprägsamere, auf Who-Akkordik fußende "Hung In A Bad Place" aus der Feder von Sideman Gem. Und zwei künftige Oasis-Faves: "The Hindu Times", ein titanischer Kracher, der auf "Be Here Now" nicht aus dem Rahmen gefallen wäre, mit einem Liam in schneidender Lydon-Manier: "Just gimme soul in your rock´n´roll". Und das von Liam selbst geschriebene, melodisch wie dramaturgisch verblüffend treffsichere "Better Man". 30 Jahre, frotzelte Noel, habe "our kid" gebraucht, um einen guten Song zu komponieren.

Liam verzog keine Miene, lehnte sich aber mit Aplomb in jeden Song. Oasis wirken überhaupt wieder hungriger als zuletzt. Eine Frage der Tagesform womöglich. Wer diese Band abschreibt, ist sie nicht wert. Und zu bedauern.

Wolfgang Doebeling

Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Rolling Stone, Ausgabe März 2002)


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