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Zürich, Hallenstadion, 25.11.2002 (Quelle: nzz.ch)
Ohne Feuer
Oasis im Hallenstadion
Der Aufrichtigkeit von Musikern und Musik sei es zu verdanken, dass Oasis von Millionen geliebt werde, heisst es in der neuen Biographie dieser Britpop-Gruppe. Tatsächlich haben die beiden Gallagher-Brüder nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie ihre Band als die beste der Welt betrachten und ohne Schielen auf Trends insbesondere den Beatles nacheifern. Die unbescheidenen Ambitionen haben immerhin bewirkt, dass zwischen viel Durchschnittlichem immer wieder ihr unbestreitbares Talent aufflackert. Zuletzt auf dem Album «Heathen Chemistry», von dem denn auch die Hälfte der im Hallenstadion gespielten Stücke stammte, während vom grösstenteils missglückten Album «Be Here Now» kein einziges zum Zug kam.
Mit «Hello» eröffnete Oasis das Konzert erstaunlich leise und verhalten, erhöhte mit «The Hindu Times» dann den Druck, bei «Go Let It Out» schien die Gruppe bereits eingespielt zu sein, das Klangbild gerade so klar, dass sich Liam Gallaghers Stimme genügend abheben konnte. Die vielen Auftritte der letzten Jahre schienen trotz der kultivierten Nachlässigkeit eine gewisse Routine und Professionalität bewirkt zu haben, welche die Songs besser zur Geltung kommen liessen als an früheren Konzerten. Doch dann deckte der Gast-Keyboarder den Gruppensound immer mehr zu, die Musiker spielten zunehmend unpräzis und unmotiviert. Es entstand ein Klangmus, das die Konturen der ohnehin gleichförmigen Songs zusätzlich verwischte. Noel Gallagher sorgte mit einer akustischen Soloeinlage und dem Stück «Little By Little» für die Ausnahmen. Bei Letzterem überraschte der hauptsächliche Songwriter mit seiner Stimme, die zwar nicht so markant wie die des brüderlichen Hauptsängers klang, dafür wandelbarer - «Live Forever» sang er gar mit der Kopfstimme.
Liam Gallaghers raue Stimme, die noch stärker als früher an sein übergrosses Vorbild John Lennon in der Spätphase erinnerte, wirkte hingegen starr und angeschlagen, erreichte nie die charismatische Prägnanz früherer Konzerte. Dies mag der Grund sein, wieso er sich betont zurückhaltend gab. Es könnte aber auch am notorisch angespannten Verhältnis der beiden Brüder gelegen haben, denn diese gingen sich sichtlich aus dem Weg. Die Musiker nahmen auch die 9500 Konzertbesucher kaum zur Kenntnis, die sich lange begeisterungsfähig gezeigt hatten. So kam es, dass das Publikum nur kraftlos Zugaben forderte, obwohl das Konzert lediglich fünf viertel Stunden gedauert hatte. Und nach den zwei gewährten Zugaben strömte es ohne grossen Applaus, aber mit einigen verärgerten Pfiffen zum Ausgang. Die dazu gespielte Plattenversion von «Wonderwall» zeigte, wie toll einige Songs von Oasis hätten klingen können, wenn mehr Enthusiasmus im Spiel gewesen wäre. Aufrichtigkeit allein genügt eben nicht.
Markus Ganz
Zürich, Hallenstadion, 25.11.2002 (Quelle: nzz.ch)