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Berlin, Columbiahalle, 06.06.2005 (Quelle: morgenpost.berlin.de)
Britpopper besingen das Lob der Faulheit
Sie können's noch: Oasis in der Columbiahalle
Von Peter E. Müller
Es mag schon etwas dran sein, daß sich Kreativität und eine gewisse Befähigung zum Müßiggang positiv ergänzen. "The Importance of Being Idle" singt Oasis-Gitarrist Noel Gallagher nun in einem neuen, an die englische Music Hall und die Kinks gemahnenden Song. Und die sixtiesverliebten Britpopper machen vor, wie wichtig es ist, auch mal faul sein zu dürfen - um danach wieder voll durchzustarten. Und wie!
Genau genommen haben sie sich zehn Jahre Zeit gelassen, um zu neuer Größe zu finden. Schon ihr voriges Album "Heathen Chemistry" stellte die Manchester-Meute 2002 in der Columbiahalle vor. Nun kehrte sie zurück in die ausverkaufte 3000er-Halle - und der Anlaß ist noch erfreulicher als vor drei Jahren. Berlin ist die einzige deutsche Station ihrer Europatournee. Und mit "Don't Believe The Truth", dem seit einer Woche veröffentlichten neuen Album, haben die Gallagher-Brüder Noel und Liam ihre ziemlich beste Arbeit seit "(What's The Story) Morning Glory", ihrem Meisterwerk von 1995, abgeliefert.
Das phonstarke US-Trio The Secret Machines haben sie zur Einstimmung dabei. Auch hier gibt ein Brüderpaar den Ton an. Und auch Secret Machines sucht Inspiration in der musikalischen Sechziger-Jahre-Vergangenheit - wenn auch eher bei Bands wie Pink Floyd oder Led Zeppelin.
Als Oasis Schlag neun mit dem neuen Titel "Turn On The Sun" die Bühne entert, ist die Spannung groß und der Jubel frenetisch. Gleich als zweites Stück kommt "Lyla", die Nummer-1-Single, aber auch die alten Kracher zum Mitsingen gibt es, von "Morning Glory" über "Live Forever" bis "Wonderwall". Das neue Material kann seine Nähe zu den Beatles zwar immer noch nicht verleugnen, doch klingt es streckenweise auch, als hätten die gewohnt stoisch posierenden Musiker sich mit Velvet Underground, Neil Young und Bob Dylan zur Session getroffen ("Mucky Fingers"). Gitarrist Gem Archer und Bassist Andy Bell haben diesmal eigene Songs beigesteuert. Und daß Zak Starkey, Sohn des Ex-Beatles-Drummers Ringo, nun am Oasis-Schlagzeug sitzt, erfüllt die Truppe sichtlich mit Stolz.
Oasis geben sich im Jahr 2005 als Team, das einfach ungeheuer rockt. Sänger Liam ist gut in Form, er dehnt und fordert seine Stimme wie eine poppige Variante von Johnny Rotten. Keiner singt trotzige Pop-Hymnen so beseelt wie er. Aber, und das ist die schönste Erfahrung dieses Abends: Da steht eine kompakte Band auf der Bühne, eine Gemeinschaft, die vereint streitet und die nach 70 Minuten (mit "Rock-'n'-Roll-Star" als Höhepunkt) noch mal für gut 20 Minuten in die Zugaben geht. Da gibt's dann auch die obligatorische Hymne "Don't Look Back In Anger".
Das letzte Wort aber hat Pete Townshend. Der Who-Gitarrist hat dem Rock 'n' Roll vor 40 Jahren nämlich die definitive Hymne geschrieben. Wie ein Wanderpokal wird der Aufschrei "My Generation" seither weitergereicht. Oasis stellten diesen rüden Lobgesang an den Schluß ihres Berlin-Konzerts. "Hope I die before I get old!". Danach geht definitiv nichts mehr. Die Columbiahalle tobt.
Berlin, Columbiahalle, 06.06.2005 (Quelle: morgenpost.berlin.de)